Samstag, 17. Oktober 2009

Kapitel 15.3

Pinscher hatte es weit getrieben, zu weit. Einmal mehr, aber vor allem einmal zu viel. Nach seinen früheren Verfehlungen hatte er sich eigentlich nichts mehr erlauben können. Dennoch hatte er der Versuchung nicht widerstehen können, seine Wahlchancen durch kriminelle Methoden zu frisieren. Er wollte seinen politischen Gegner pünktlich zur Wahl lähmen. Dazu hatte er sich eine Kampagne ausarbeiten lassen, die kurz vor der Wahl zahlreiche Dreckskübel über seinen Gegner ausschütten sollte. Es war natürlich nicht einfach gewesen, an den zum allergrößten Teil erfundenen und in der Kürze der Zeit dennoch unwiderlegbaren Unrat zu gelangen. Dazu hatte Pinschers Wahlkampfteam selbst tief im Schmodder herumwaten und sich die eigenen Finger schmutzig machen müssen.
Erste Hinweise auf die Kampagne hatten die Presse erst an diesem Tage erreicht, das Kesseltreiben war entsprechend schnell abgelaufen. Wie eine Horde Wölfe hatten die Journalisten sofort Pinschers Schwäche erkannt. Noch innerhalb weniger Stunden hatten seine Mitwisser und Handlanger mehr und mehr Einzelheiten an die Oberfläche gelangen lassen.
Pinscher wusste, er konnte der Presse schon aufgrund seiner Vergangenheit nicht mehr entkommen. Außerdem hatte er ja tatsächlich versucht, was man ihm nun vorwarf. Im Gegenteil war zum Zeitpunkt seines Suizids sogar noch nicht einmal alles bekannt gewesen. Denn kaum hatte die Öffentlichkeit die wichtigsten Einzelheiten der Vorwürfe erfahren, da hatte sich der Skandalpolitiker bereits allein in sein Ferienhaus abgesetzt. Hier konnte er auf eine umfangreiche Ansammlung deutscher Weinbrände zurückgreifen, die er Jahr um Jahr von seinen Schwiegereltern geschenkt bekommen hatte und die niemand freiwillig trank. Pinscher taugte zwar seit seiner Jugend durchaus zum Zechen, seine Alkoholaffinität hatte sich jedoch stets auf Bier und Wein beschränkt. Als er nun in kürzester Zeit mehrere Flaschen Hochprozentiges geleert hatte, tanzte er schnell mit heruntergelassenen Hosen durch das Haus. Sein Danse Macabre endete in der prasselnden Dusche. Eine Flasche hielt er noch in der Hand. Das Bewusstsein und das Gleichgewicht verließ ihn in derselben Sekunde. Wie ein schwerer abgerissener Wohnzimmervorhang plumpste er auf die Kacheln. Er übergab sich noch einmal und krepierte daran.