Montag, 29. Dezember 2008

Kapitel 3.5

Senff war der pressegeilste Archäologe, den man sich vorstellen konnte. In Neuweiler begann er schnell, Kontakt zu örtlichen Journalisten aufzubauen und ihnen von der Dorftelefonzelle täglich hinterherzutelefonieren, bis er einen Ortstermin ausgehandelt hatte. Das tat er auch bei allen späteren Grabungen. Mit Thomas, dem zuständigen Redakteur der in Neuweiler erscheinenden „Schaufel am Sonntag“, kungelte Senff bereits ab dem ersten Jahr der Kampagne. Unabhängig vom tatsächlichen Wert des Fundplatzes oder der Funde erfand der Archäologe der Schaufel zuliebe immer größere Menschentieresensationen, die irgendwann mit dem tatsächlichen Fundmaterial nicht mehr überbietbar waren. Es rächte sich nun in der dritten – Senffs letzter – Grabungskampagne in Neuweiler, dass er die Presse zuvor so sehr angeheizt hatte. Er hatte Thomas zuletzt dermaßen genervt, dass der nicht mehr kommen wollte, zumal Kommunalwahlen anstanden und die Schweinepest zwei Nachbardörfer fest in ihrem unerbittlichen Griff hatte. Also war Senff in der vorletzten Woche der Kampagne gezwungen, schwereres Geschütz aufzufahren, als es die Realität erlaubte.

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