Dienstag, 30. Dezember 2008

Kapitel 3.7

Am Tag vor der „Auffindung“ war Pickenpack mit seiner Frau in eines der zwei nächstgelegenen Museen unterwegs, so dass Senff freie Bahn für die Vorbereitung seines Schauspiels hatte. Er wollte am Vormittag ins Dorf zur örtlichen Telefonzelle fahren, deren Auslastung sich durch seine täglichen Anrufe bei der Redaktion der Schaufel in den Sommermonaten stets vervierfachte. Die meisten Studenten hatten bereits auf der Grabung bemerkt, dass der verklemmte Mann extrem nervös war. Bevor er losfahren konnte, waren ihm bei der Kontrolle, ob das Kleingeld für ein Telefonat mit Thomas reicht, versehentlich alle Münzen aus seinem Portemonnaie in die tiefste Pfütze des Plateaus gefallen. Daher musste er den diesjährigen Techniker Plankenreiter auch noch um Telefongeld anpumpen.
Im Dorf parkte Senff neben der Telefonzelle. Er achtete penibel darauf, nicht auf dem Bordstein zu stehen, da der Polizist aus dem Nachbarort gerne Verwarnungen für falsches Parken ausstellte. Senff stieg aus, taperte um den Wagen zur Telefonzelle und kramte bereits auf dem Weg die geborgten Metallscheiben aus seiner Tasche. In der Zelle türmte er zunächst kleine Zinnen auf das stationäre Handy der Vorzeit, bevor er den Hörer abnahm und damit begann, das Telefon mit Groschen zu laden. Heiser tipp-tackeditackeditack-te er die Redaktionsdurchwahl in das Tastenfeld und wartete stumm auf Thomas’ Stimme, die erst nach mehreren dumpfen und knacksenden –
„Redaktion Schaufel am Sonntag, Usselkötter am Apparat.“
„Ja, hallo, hier ist Senff. Maxim Senff.“ Ein leises Stöhnen raunte durch den Hörer.
„Maxim, was kann ich für dich tun?“ Jetzt war im Hintergrund unrhythmisches Getaper eines Kugelschreibers auf einer Schreibtischunterlage zu hören.
„Thomas, du musst unbedingt morgen kommen.“
„Morgen – warum?“ Thomas blätterte hörbar in seinem Filofax. „Also, morgen ist ganz schlecht, da muss ich mit dem Hubschrauber über die Schweinemastfarm –“
„Nein, es ist ganz dringend. Ich weiß, dass wir morgen einen fantastischen Fund machen werden. Das wird der Knüller für dich und das gesamte Mühlbachtal.“
„Woher weiß du –“
„Der Metalldetektor hat etwas besonderes ergeben. Es ist Silber!“ Maxim warf klinkernd ein paar Groschen nach.
„Silber? Was kann das sein, altes Silberbesteck?“, zweifelte Thomas.
„Ich vermute eine Silbermünze.“ Maxim merkte, der Köder reichte Thomas noch nicht. „Vielleicht ist es aber auch ein ganzer Silberschatz. Du erinnerst dich bestimmt an die Bilder von dem Silberschatz von Pyrmont, den ich dir mal gezeigt habe?“
„Pyrmont, Pyrmont, hm. Dunkel. War irgendwas großes, oder?“
„Jaja, natürlich!“, versicherte Senff und gab seiner Aussage mit kräftigem Kopfnicken unhörbaren Nachdruck.
„Und sonst? Kannst du den Schatz nicht ausgraben und in die Redaktion bringen?“
„Aber wir haben doch noch das Grab mit der Frau“, krächzte Maxim bettelnd. „Und die liegt falschrum. Und die Hausgrundrisse sind hier schon einmalig. Vergiss nicht die Rennfeueröfen“, redete er sich jetzt in Rage.
„Die hatten wir doch schon letztes Jahr im Blatt.“
„Ja, aber jetzt ist sogar Professor Pickenpack extra gekommen, um –“
„Na, ich kann ja mal vorbeikommen“, langweilte Thomas sich. „Passt es dir so kurz vor zehn? Ihr dürft aber vorher nichts ausgraben. Ich möchte Exklusivfotos haben, wie ihr den Schatz ausbuddelt!“
„Ja, selbstverständlich!“, grinste Senff.